Viele Hersteller medizinischer Software und Gesundheits-Apps stehen vor der Frage: Wie lässt sich mit digitalen Lösungen ein nachhaltiges Geschäftsmodell aufbauen?

Der Markt für Selbstzahler ist im deutschen Gesundheitswesen überschaubar, und der Weg in die Erstattung durch Krankenkassen herausfordernd.

Zwar existieren etablierte Erstattungswege wie die Aufnahme ins DiGA-Verzeichnis oder eine individuelle Vergütung über Selektivverträge, doch diese Zugangswege können langwierig, komplex und kostenintensiv sein.

Daher lohnt es sich, auch alternative Pfade zur Finanzierung zu betrachten, während man auf den Sprung in die Regelversorgung hinarbeitet. Eine solche Alternative für die Finanzierung und Erstattung digitaler Gesundheitslösungen ist der Innovationsfonds nach § 92a SGB V.

In diesem Fachartikel erklären wir …

  • welche Möglichkeiten der Innovationsfonds bietet,
  • welche Voraussetzungen für eine Förderung erfüllt sein müssen,
  • wie hoch die Erfolgschancen bei Software-Produkten sind,
  • und für welche Arten von digitalen Konzepten eine Antragstellung möglich ist.

Inhaltsverzeichnis

1. Definition des Innovationsfonds

1.1 Was ist der Innovationsfonds des G-BA?

Der Innovationsfonds wurde Anfang 2016 durch das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz ins Leben gerufen und ist beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) angesiedelt.

Er dient dem Ziel, neue Versorgungsformen und Versorgungsforschung zu fördern, die über die bisherige Regelversorgung hinausgehen. Konkret sollen innovative Ansätze im Gesundheitswesen wissenschaftlich erprobt werden, um die Versorgung effizienter, patientenzentrierter und qualitativ besser zu gestalten. Der Fonds hat sich seither als zentrales Instrument etabliert, um (digitale) Innovationen im Gesundheitswesen unter realen Bedingungen zu testen.

1.2 Wie hoch ist das verfügbare Fördervolumen?

Seit dem Start stehen jährlich rund 200 Millionen Euro an Fördermitteln zur Verfügung. Ursprünglich war der Fonds befristet (bis 2019, später verlängert bis 2024), wurde jedoch nach positiver Evaluation entfristet und ab 2025 verstetigt.

Der Großteil des Budgets (160 Mio. €) fließt in Projekte zu neuen Versorgungsformen, während 40 Mio. € für Versorgungsforschung reserviert sind.

1.3 Wer verwaltet den Innovationsfonds?

Zuständig ist der Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), der in regelmäßigen Förderbekanntmachungen, thematische Schwerpunkte und Kriterien festlegt und über die Anträge entscheidet.

Projekte können typischerweise eine Laufzeit von bis zu drei (manchmal auch vier) Jahren haben und werden wissenschaftlich begleitet.

Nach Abschluss eines Projekts werden die Ergebnisse ausgewertet und an relevante Gremien weitergeleitet, um zu prüfen, ob die Innovation in die Regelversorgung übernommen werden sollte.

Der Innovationsausschuss setzt sich aus Vertretern der Trägerorganisationen des G-BA (Krankenkassen, Kassenärztliche Vereinigungen, Krankenhäuser) sowie dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium für Forschung zusammen. Er wird zudem von unabhängigen Experten aus Wissenschaft und Versorgung.

Zusammensetzung des Innovationsauschusses

Zusammensetzung des Innovationsausschusses

1.4 Wer ist beteiligt?

Typischerweise schließen sich für Innovationsfondsprojekte verschiedene Akteure im Gesundheitswesen zu Konsortien zusammen. Dazu gehören z. B.:

  • Krankenkassen
  • Krankenhäuser und Universitätskliniken
  • ärztliche Netzwerke oder MVZ
  • Forschungseinrichtungen
  • Private Unternehmen (z.B. im Bereich Digital Health)

Gemeinsam entwickeln sie ein Versorgungskonzept, das dann für mehrere Jahre unter Alltagsbedingungen erprobt wird. Digitale Gesundheitslösungen sind dabei oft ein zentraler Bestandteil – etwa zur Koordination, Kommunikation oder zur Diagnostik.

1.5 Förderkategorien im Überblick

Der Innovationsfonds unterscheidet zwei Förderbereiche gemäß § 92a SGB V:

  • Kategorie 1: Neue Versorgungsformen
  • Kategorie 2: Versorgungsforschung

Förderkategorien und Fördervolumen des Innovationsfonds (2025)

Förderkategorien und Fördervolumen des Innovationsfonds (2025)

1.5.1 Kategorie 1: Neue Versorgungsformen

Hierunter fallen Projekte, die neue Versorgungsmodelle oder organisatorische Abläufe in der Patientenversorgung erproben. Digitale Gesundheitsanwendungen sind dabei oft Bestandteil des Konzepts – etwa Telemedizin-Plattformen, digitale Kommunikations-Tools oder KI-gestützte Diagnose- und Therapiesteuerung.

Wichtig: Diese Projekte finden unter Alltagsbedingungen in der Versorgung statt – etwa als Pilotprogramme mit echten Leistungserbringern und Patienten. Die digitale Lösung wird dabei immer in ein Versorgungskonzept eingebettet, etwa um Prozesse zu optimieren oder Sektorengrenzen zu überwinden.

Begleitet wird das Ganze durch eine wissenschaftliche Evaluation, um die Effekte auf Versorgung und Patientenversorgung messbar zu machen.

Für Hersteller medizinischer Software ist diese Kategorie besonders relevant, da hier speziell komplett neue Lösungen und Strukturen evaluiert werden.

1.5.2 Kategorie 2: Versorgungsforschung

In diesem Bereich geht es nicht um die Umsetzung neuer Versorgungsmodelle, sondern um die Analyse der bestehenden Versorgungsrealität. Gefördert werden z. B. wissenschaftliche Studien zur Evaluation von G-BA-Richtlinien, Leitlinienentwicklungen oder gesundheitsökonomische Analysen.

Für Hersteller ist diese Kategorie nur dann relevant, wenn die eigene digitale Lösung bereits Teil der Regelversorgung ist und im Rahmen einer Studie evaluiert werden soll.

Wenn dagegen das Produkt erst noch in die Versorgung gebracht werden soll, fällt das Vorhaben nicht in diese Kategorie, sondern gehört zu den „Neuen Versorgungsformen“.

Hinweis: In diesem Artikel konzentrieren wir uns ausschließlich auf den Förderbereich „Neue Versorgungsformen“, da dieser für Hersteller medizinischer Software in der Praxis deutlich relevanter ist als die ebenfalls mögliche Förderung im Bereich Versorgungsforschung.

2. Unterschied zwischen Förderung & Erstattung

Wenn wir über die Finanzierung digitaler Gesundheitslösungen sprechen, ist es wichtig, den Unterschied zwischen Förderung und Erstattung zu verstehen. Eine Erstattung – wie etwa bei DiGA – bedeutet: Die Anwendung ist im Leistungskatalog der GKV enthalten, und jede Nutzung wird von der Krankenkasse bezahlt. Das schafft planbare Umsätze und ist Teil der Regelversorgung.

Der Innovationsfonds funktioniert anders: Hier handelt es sich nicht um eine dauerhafte Leistung, sondern um eine zeitlich begrenzte Projektförderung.

Für Hersteller von Software-Produkten bedeutet eine Förderung über den Innovationsfonds konkret: Die Kosten für die Software-Implementierung im Projekt sind gedeckt – sei es als Auftragnehmer oder Konsortialpartner. Und auch wenn die Software noch nicht offiziell von den Kassen erstattet wird, fließt bereits Geld – über den G-BA-Fördertopf.

Gleichzeitig entstehen dabei echte Versorgungsdaten, die später als Grundlage für weitere Erstattungswege dienen können: etwa Selektivverträge oder eine Vergütung über das DRG-System.

3. Voraussetzungen für die Förderung durch den Innovationsfonds

3.1 Welche Projekte werden gefördert?

Gefördert werden neue Versorgungsformen, die

  • insbesondere die Weiterentwicklung der sektorenübergreifenden Versorgung zum Ziel haben:
    • Überwindung der Trennung der Sektoren
    • Optimierung intersektoraler Schnittstellen
    • Weiterentwicklung der selektivvertraglichen Versorgung
  • ein tragfähiges Evaluationskonzept vorweisen und
  • ein hinreichendes Potenzial für eine dauerhafte Aufnahme in die Versorgung (Umsetzungspotenzial) aufweisen.

Weitere Informationen dazu finden Sie hier.

3.2 Welche Projekte werden nicht gefördert?

Nicht jedes Projekt ist für eine Förderung durch den Innovationsfonds geeignet. Es gibt eine Reihe von Ausschlusskriterien, die Antragsteller kennen sollten, bevor sie Zeit und Ressourcen investieren. Hier die wichtigsten Punkte:

  • Wirtschaftlich getriebene Produktentwicklung: Der Innovationsfonds ist kein Förderprogramm für klassische Produktentwicklung mit direktem kommerziellem Ziel. Projekte, bei denen Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse am Ergebnis haben, sind ausgeschlossen – etwa die Entwicklung oder Erprobung eines Produkts mit dem Ziel, es anschließend direkt zu verkaufen.
  • Klassische F&E, Zulassungs- oder Arzneimittelstudien
    • Forschung und Entwicklung von Medizinprodukten oder Arzneimitteln
    • Klinische Prüfungen nach EU-Medizinprodukteverordnung (EU) 2017/745
    • Leistungsbewertungsprüfungen für In-vitro-Diagnostika
    • AMNOG-Studien zur frühen Nutzenbewertung von Arzneimitteln
    • Studien zur Erprobung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (§ 137e SGB V)
  • DiGA- und DiPA-Nachweisstudien: Auch Studien zum Nachweis positiver Versorgungseffekte im Rahmen von DiGA (§ 33a SGB V) oder DiPA (§ 40a SGB XI) sind nicht förderfähig. Diese Nachweise müssen separat über das BfArM bzw. entsprechende Verfahren erbracht werden und fallen nicht in den Zuständigkeitsbereich des Innovationsfonds.
  • Projekte in der Umsetzung oder mit anderer Förderung: Bereits gestartete Projekte oder Vorhaben, die zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits anderweitig (z. B. aus öffentlichen Mitteln) gefördert werden, sind ausgeschlossen. Der Innovationsfonds fördert keine Doppelstrukturen oder rückwirkenden Maßnahmen.
  • Doppelte Bewerbung ausgeschlossen: Für jede der in einem Jahr ausgeschriebenen Förderbekanntmachungen zu „Neuen Versorgungsformen“ darf man sich nur einmal Eine doppelte oder parallele Antragstellung mit gleichem Projektansatz ist nicht zulässig.

4. Das Antragsverfahren des Innovationsfonds

4.1 Welche Antragsverfahren gibt es?

Der Innovationsfonds unterscheidet im Bereich der Neuen Versorgungsformen vier verschiedene Förderformate. Diese unterscheiden sich im Hinblick auf Themenvorgabe, Ablaufstruktur (ein- vs. zweistufig) und Projektdauer:

  1. Themenoffene Förderung – Einstufig lang

In diesem Verfahren wird ein vollständiger Antrag direkt eingereicht. Das Projekt muss dabei bereits umfassend geplant sein, inklusive Evaluationskonzept, Zeit- und Finanzplan sowie Konsortium.

  1. Themenoffene Förderung – Einstufig kurz

Dieses Format richtet sich an kleinere, schneller startende Projekte mit einer Laufzeit von maximal 24 Monaten. Auch hier erfolgt die Antragstellung direkt und vollständig in einem Schritt.

  1. Themenspezifische Förderung – Zweistufig lang

Bei diesem Verfahren gibt es zwei Phasen:

  • Stufe 1: Konzeptphase – Einreichung einer Ideenskizze zu einem vorgegebenen Thema.
  • Stufe 2: Vollantrag – Eingereicht wird ein kompletter Förderantrag mit vollständig ausgearbeitetem Versorgungskonzept, konkreten Versorgungszielen und Umsetzungsplanung, validiertem Evaluationskonzept, Zeit- und Finanzplan und verbindlichen Zusagen aller Konsortialpartner.

Dieses Verfahren eignet sich für komplexe Projekte mit größerem Planungsbedarf.

  1. Themenoffene Förderung – Zweistufig lang

Auch hier ist das Verfahren zweistufig:

  • Stufe 1: Konzeptphase – Ideenskizze ohne thematische Vorgabe.
  • Stufe 2: Vollantrag – wie bei der themenspezifischen Variante.

Damit bietet diese Förderlinie Freiraum für innovative Ideen mit größerem Entwicklungsaufwand.

Hinweis: Alle Verfahren setzen voraus, dass die Antragsunterlagen vollständig und fristgerecht eingereicht werden. Welche Unterlagen erforderlich sind (z. B. Projektbeschreibung, Konsortialvertrag, Finanzierungsplan, Ethikkonzept), ist detailliert in den jeweiligen Förderbekanntmachungen geregelt.

→ Link zu den aktuellen Ausschreibungen:
https://innovationsfonds.g-ba.de/foerderbekanntmachungen/

4.2 Welches Antragsverfahren passt zu meinem Projekt?

Wann welcher Antrag am ehesten in Frage kommt, hängt vom Reifegrad der Projektidee ab.

  1. Reifer Projektstand:
    1. Projektidee ist vollständig ausgearbeitet.
    2. Es liegt ein ausgereiftes Versorgungskonzept vor.
    3. Konsortialpartner (z. B. Kassen, Versorgungseinrichtungen) sind verbindlich eingebunden.
    4. Evaluationskonzept, Zeitplan und Budget sind konkret geplant.
      ➔ einstufiges Verfahren
  2. Weniger ausgereifter Projektstand:
    1. Grundidee ist vorhanden, aber noch nicht detailliert ausgearbeitet.
    2. Es fehlt noch an validierten Partnern, konkreter Evaluation oder präziser Umsetzungsplanung.
    3. Ziel ist es, in einer 6-monatigen Konzeptphase (Stufe 1) die Projektidee zu schärfen.
    4. Danach kann ein Vollantrag in Stufe 2 gestellt werden.
      ➔ zweistufiges Verfahren

Vergleich des einstufigen und zweistufigen Verfahrens:

Kriterium Einstufig (lang/kurz) Zweistufig (lang)
Projektidee
vollständig ausgereift noch in Konzeptionsphase
Partner konkrete Zusagen noch unklar / in Vorbereitung
Zeitbedarf vor Start kürzer, kein Zwischenschrit 6-monatige Konzeptphase erforderlich
Förderung Konzeptphase nein ja, Stufe 1 wird gefördert
Bürokratischer Aufwand geringer höher (2 Antragsrunden)
Flexibilität während Planung geringer höher (Konzept kann noch angepasst werden)

4.3 Was sind die Anforderungen für einen Antrag?

Damit ein Projekt überhaupt förderfähig ist, müssen einige grundlegende Rahmenbedingungen erfüllt sein. Diese gelten unabhängig vom Antragsverfahren:

  • Rechtskonforme Umsetzung: Die geplante Versorgungsform muss sich im Rahmen der bestehenden gesetzlichen Grundlagen bewegen – das heißt: Sie darf nichts umsetzen, was z. B. ärztlichen Berufsordnungen oder dem SGB V widerspricht.
  • Datenschutz & Ethik: Die Verarbeitung von Gesundheitsdaten muss den Anforderungen der DSGVO entsprechen. Ebenso wird erwartet, dass ethische Standards eingehalten werden – etwa bei Studien mit Patienten oder bei sensiblen Datenverarbeitungen.
  • Wissenschaftlicher Anspruch: Das Projekt muss wissenschaftlich fundiert aufgebaut sein – sowohl im Versorgungsteil als auch bei der Evaluation. Dabei gelten Standards aus der Versorgungsforschung und empirischen Studienplanung.
  • Interoperabilität & Schnittstellen: Digitale Lösungen müssen mit anderen Systemen im Gesundheitswesen kompatibel sein. Besonders relevant ist die Anbindung an die Telematikinfrastruktur (TI) der gematik.
  • Ergebnisse zugänglich machen: Die Evaluationsergebnisse müssen transparent veröffentlicht werden – unabhängig davon, ob das Projekt erfolgreich war oder nicht. Es geht nicht darum, interne Pläne oder Skizzen offenzulegen, sondern um eine nachvollziehbare Veröffentlichung der Ergebnisse nach Projektende.
  • Beteiligung an Meta-Evaluationen: Die Ergebnisse einzelner Projekte sollen in eine Gesamtbewertung der Förderstrategie einfließen. Dazu kann der G-BA auffordern, an übergreifenden Evaluationsformaten mitzuwirken – etwa für die Analyse, welche Arten von Innovationen sich langfristig bewähren.

4.4 Was sind die Kriterien zur Förderung?

Sofern alle eben genannten, grundlegenden Fördervoraussetzungen erfüllt sind, erfolgt die fachliche Bewertung anhand der Förderkriterien:

  • Relevanz
  • Verbesserung der Versorgung
  • Verbesserung der Versorgungsqualität und/oder Versorgungseffizienz
  • Behebung von Versorgungsdefiziten
  • Optimierung der Zusammenarbeit innerhalb und zwischen verschiedenen Versorgungsbereichen, Versorgungseinrichtungen und Berufsgruppen
  • Interdisziplinäre und fachübergreifende Versorgungsmodelle
  • Umsetzungspotenzial
  • Übertragbarkeit der Erkenntnisse, insbesondere auf andere Regionen oder Indikationen
  • Evaluierbarkeit: methodische und wissenschaftliche Qualität des Evaluationskonzepts
  • Machbarkeit des Projekts in der Laufzeit
  • Verhältnismäßigkeit von Implementierungskosten und Nutzen
  • Patientenbeteiligung

Die Förderkriterien werden jedes Jahr in den jeweiligen Förderbekanntmachungen detailliert beschrieben.

Die Entscheidung selbst wird zweistufig getroffen:

  1. Evaluation durch Experten-Pool: Zuerst bewerten unabhängige Expertinnen und Experten aus dem sogenannten „Expertenpool“ die eingereichten Anträge. Der Expertenpool wird alle zwei Jahre neu gewählt und bestehend aus “Personen, die praktische oder wissenschaftliche Erfahrung aus der (digitalen) Gesundheitsversorgung mitbringen und über Sektoren- wie Berufsgrenzen” verfügen.
  2. Entscheidung durch G-BA: Auf Basis des Antrags und der Empfehlungen des Expertenpools entscheidet der Innovationsausschuss des G-BA, welche Projekte eine Förderung erhalten.

4.5 Beispiel für ein Innovationsfonds-gefördertes Projekt: INTEGRATE-ATMP

Ein konkretes Beispiel für die erfolgreiche Förderung einer digitalen Gesundheitslösung ist das Projekt INTEGRATE-ATMP, das durch das Universitätsklinikum Heidelberg initiiert wurde. QuickBird Medical hat in diesem Projekt die technische Umsetzung der Software-Plattform in enger Zusammenarbeit mit allen involvierten Akteuren übernommen und erfolgreich abgeschlossen.

Dank einer Förderung durch den Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) von 13,6 Millionen Euro ebnet INTEGRATE-ATMP den Weg für harmonisierte Strukturen in der Patientenversorgung. Die telemedizinische Kommunikationsplattform ermöglicht eine strukturierte und direkte Kommunikation zwischen Kliniken, behandelnden ÄrztInnen und den PatientInnen. Ziel ist es, Patienten in ihrem Therapiealltag und deren Behandlungszentren in ihrem Versorgungsalltag zu entlasten. Hierfür wurde eine Telekommunikations-Plattform entwickelt.

Mehr Informationen dazu finden Sie hier: https://quickbirdmedical.com/project/integrate-atmp/

Weitere Beispiele für Innovationsfond-geförderte Projekte:

4.6 Was passiert nach Projektende?

Am Ende jedes geförderten Projekts steht für den G-BA eine zentrale Frage im Raum: Hat sich die Idee bewährt – und gehört sie dauerhaft in die Regelversorgung?

Für diese Prüfung stehen dem G-BA drei Monate nach Einreichen des Evaluationsberichts zur Verfügung. Die Entscheidung wird als offizieller Beschluss auf der Website veröffentlicht – inkl. Vorschlag, wie und durch wen eine Umsetzung erfolgen kann.

Typischerweise sind Einrichtungen der Selbstverwaltung zuständig, z. B. der GKV-Spitzenverband oder die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). Auch deren Rückmeldungen sind öffentlich einsehbar – was nachvollziehbar macht, ob ein Projekt wirklich Wirkung entfaltet hat.

Eine zentrale Liste, in der man auf einen Blick sehen kann, welche Projekte in die Regelversorgung übernommen wurden oder eine Umsetzungsempfehlung erhalten haben, gibt es derzeit leider nicht. Seit 2024 sind die angesprochenen Stellen aber verpflichtet, dem G-BA mitzuteilen, was aus den Projektvorschlägen geworden ist. Diese Rückmeldungen sind auf den einzelnen Projektseiten zu finden – zum Beispiel beim Projekt Sisyphos.

Die Überführung in die Versorgung kann auf verschiedenen Wegen passieren: über gesetzliche Änderungen (z. B. im SGB V), über Verträge, über neue Richtlinien oder durch Empfehlungen.

Bisher wurde nur bei einem einzigen Projekt ein direkter Beschluss zur Aufnahme in die Versorgung getroffen – dieser musste jedoch nachträglich zurückgezogen werden, weil das Projektteam seine Ergebnisse korrigiert hat. Die Pressemitteilungen dazu findet man hier.

5. Für welche Software-Produkte kommt eine Innovationsfonds-Förderung infrage

Nicht jede digitale Gesundheitslösung ist gleichermaßen für den Innovationsfonds geeignet. Angesichts des beschriebenen Aufwands und der Voraussetzungen lohnt sich eine Bewerbung vor allem für bestimmte Produktarten und Entwicklungsstadien. Die folgenden Unterkapitel zeigen dies beispielhaft auf.

5.1 Komplexe Versorgungslösungen – keine einzelnen Software-Produkte

Produkte, die tief in Versorgungsprozesse eingreifen, stehen stärker im Fokus als einzelne entkoppelte Software-Produkte. Beispiele: Telemedizinische Netzwerklösungen, sektorübergreifende Plattformen, digitale Systeme zur Koordination zwischen Haus- und Fachärzten oder Klinik und ambulant. Solche Lösungen entfalten ihren Wert erst im Zusammenspiel mehrerer Akteure – ideal für ein Konsortium. Einzelne Apps dagegen (etwa eine reine Selbstmanagement-App ohne Einbindung von Ärzten) haben weniger Anknüpfungspunkte für ein Versorgungsmodell und sind daher seltener Gegenstand von Innovationsfonds-Projekten.

5.2 Produkte mit hohem Evidenzbedarf

Wenn eine Software neuartig ist und von Entscheidungsträgern noch skeptisch beäugt wird, kann ein Innovationsfondsprojekt die nötige Evidenz liefern. Insbesondere bei KI-basierten Diagnosetools, digitalen Therapien für schwerwiegende Erkrankungen oder Software als Medizinprodukt hoher Risikoklasse (IIb/III) gibt es oft hohe Hürden für die Erstattung. Hier kann die wissenschaftliche Begleitung im Rahmen der Förderung den Beleg erbringen, dass das Produkt sicher und effektiv ist. Danach fällt es leichter, z.B. einen positiven G-BA-Beschluss oder einen Eintrag ins Hilfsmittelverzeichnis zu erlangen.

5.3 Nischenindikationen und seltene Krankheiten

Digitale Anwendungen für seltene Erkrankungen oder sehr kleine Patientengruppen sind im DiGA-Fast-Track schwer refinanzierbar, finden aber im Innovationsfonds eine Möglichkeit zur Erprobung. Bei seltenen Erkrankungen stehen oft hohe Entwicklungskosten einem begrenzten Markt gegenüber. Der Innovationsfonds kann hier einspringen und Modellvorhaben finanzieren, die Versorgungslösungen für Orphan Diseases testen. Ein Beispiel ist das Konsortialprojekt TRANSLATE-NAMSE, bei dem mehrere Unikliniken und Kassen zusammenarbeiten, um die Versorgung von Menschen mit seltenen Erkrankungen zu verbessern – gefördert 42 Monate lang mit rund 13,4 Millionen Euro. In solch einem Fall dient der Innovationsfonds quasi als Testlabor für Nischenanwendungen, die sonst aufgrund geringer Fallzahlen keine Chance auf Finanzierung hätten.

5.4 Versorgungsmanagement-Tools

Versorgungsmanagement-Tools – wie Nachsorge-Apps, Triage-Systeme oder Medikationsmanagement-Plattformen – bieten oft einen indirekten Nutzen für das Gesundheitssystem, sind aber im Regelbetrieb schwer umzusetzen. Da solche Lösungen primär Folgeerkrankungen verhindern oder Prozesse effizienter gestalten, passen sie nicht immer in bestehende Vergütungsstrukturen. Ein prominentes Beispiel ist das Medikationsmanagement-Projekt AdAM für Polypharmazie-Patienten: Initiiert von einer Krankenkasse und einer Kassenärztlichen Vereinigung, erhielt es rund 16 Millionen Euro Anschubfinanzierung aus dem Innovationsfonds.

6. Fazit: Lohnt sich der Innovationsfonds für Hersteller medizinischer Software?

Der Innovationsfonds nach § 92a SGB V bietet Herstellern medizinischer Software eine Chance, außerhalb der klassischen Erstattungspfade an Finanzmittel zu gelangen und ihr Produkt in der Versorgungsrealität zu erproben.

Besonders für innovative Lösungen, die einen Platz im Gesundheitssystem suchen, kann er als Katalysator dienen. Durch die Förderprojekte lassen sich Evidenz und Erfahrungen sammeln, die später den Eintritt in die Regelversorgung ebnen könnten – sei es über DiGA, über neue EBM-Ziffern oder einen anderen Erstattungsweg.

Allerdings ist die Innovationsfonds-Förderung kein einfacher Weg und schon gar kein kurzfristiger. Zwischen 2016 und 2021 wurden insgesamt über 2.000 Anträge eingereicht, von denen etwas mehr als 500 Projekte bewilligt wurden. Die Erfolgswahrscheinlichkeit lag in diesen Jahren also bei grob 20–25 %. Hersteller sollten sich also bewusst sein, dass ein erheblicher Aufwand investiert werden muss, ohne Garantie auf Erfolg.

Für frühe „App-Ideen“ ist der Weg oft noch zu aufwendig – doch wer bereits ein fundiertes Konzept in der Hand hält, welches eine reale Versorgungslücke adressiert, dem eröffnet der Innovationsfonds eine große Chance: Nämlich die Möglichkeit, evidenzbasiert in die Versorgung zu starten und den Grundstein für eine langfristige Erstattung zu legen.

Wenn Sie einen Umsetzungspartner für Ihr Software- oder App-Vorhaben suchen, kontaktieren Sie uns gerne. Wir sind auf die Entwicklung und Zulassung digitaler Versorgungslösungen spezialisiert. QuickBird Medical hat Software-Produkte wie INTEGRATE-ATMP für Kunden entwickelt, die erfolgreich im Rahmen des Innovationsfonds gefördert wurden.

7. Weitere Informationen zum Innovationsfonds

Die Inhalte dieses Artikels basieren auf dem aktuellen Stand der öffentlichen Förderinformationen und Praxiserfahrungen mit dem Innovationsfonds. Da sich Rahmenbedingungen und Anforderungen regelmäßig weiterentwickeln, empfehlen wir, zusätzlich die offiziellen Unterlagen des Innovationsausschusses beim G-BA zu berücksichtigen.

Eine gute erste Anlaufstelle ist der Leitfaden zur Antragstellung für neue Versorgungsformen, den der G-BA regelmäßig aktualisiert: Zum Leitfaden

Auch aktuelle Präsentationen und Hinweise zur jeweils laufenden Förderbekanntmachung sind auf der offiziellen Website abrufbar:  https://innovationsfonds.g-ba.de