Wie bei jeder Geschäftsidee sollte auch bei DiGA zu Beginn das finanzielle Potenzial des eigenen Vorhabens kalkuliert werden.

Es stellt sich eine zentrale Frage: Lohnt sich die Entwicklung Ihrer DiGA-Idee für Sie?

Diese Frage stellen sich auch potenzielle Investoren für Ihr DiGA-Vorhaben. Daher sollten Sie eine Kalkulation mit belastbaren Zahlen vorweisen können.

Besonders relevant sind hierbei folgende Kennzahlen:

  • Gewinn
  • Umsatz (Umsatzpotenzial & Marktpotenzial bzw. TAM, SAM, SOM)
  • Kosten (Entwicklung, Studie, Vermarktung etc.)

Mit diesem Artikel geben wir Ihnen eine detaillierte Anleitung an die Hand, um das Potenzial Ihrer DiGA für Ihre angestrebte Krankheitsindikation zu berechnen. Sie finden außerdem eine Vielzahl von Beispielrechnungen, um die Thematik für Sie möglichst greifbar zu machen.

Inhalte dieses Artikels

1. Gewinn & Return on Investment (ROI) einer DiGA

Wir fangen mit der Prämisse an, dass Ihr DiGA-Vorhaben das Ziel hat, profitabel zu sein. Um zu entscheiden, ob Ihr DiGA-Case profitabel sein kann, sollten Sie den zukünftigen Gewinn bzw. Return on Investment (ROI) abschätzen.

Auch die Berechnung des Gewinns einer DiGA entzieht sich dabei nicht den betriebswirtschaftlichen Grundprinzipien und folgt der simplen Formel:

Gewinn = Umsatz – Kosten

Der Return on Investment (ROI) wird wie folgt kalkuliert:

ROI = Gewinn/Kosten

Nun stellt sich natürlich die Frage: Wie konkret lassen sich “Umsatz” und “Kosten” prognostizieren? Auf diese Frage gehen wir in den folgenden Abschnitten im Detail ein.

1.1 Umsatz & Marktpotenzial

Der Umsatz entsteht, sobald Patienten die DiGA durch Einlösung eines Freischaltcodes nutzen. Mit jeder Einlösung erhalten Sie als Hersteller Geld von den Krankenkassen in Höhe des Preises Ihrer DiGA.

Den Freischaltcode erhalten Patienten von der Krankenkasse. Dies geschieht über zwei Wege:

  1. Verschreibung durch Arzt: Der Arzt verschreibt die DiGA an den Patienten auf Basis einer gestellten Diagnose
  2. Direktweg zur Krankenkasse: Der Patient beantragt einen Freischaltcode bei der Krankenkasse auf Basis einer bereits gestellten Diagnose

Wichtig: Sie erhalten nur Geld, wenn der Patient am Ende erfolgreich einen Freischaltcode erhält und auch in Ihrer DiGA einlöst.

Die Formel für den Umsatz einer DiGA ist demnach:
Umsatz = DiGA-Preis * Freischaltcode-Einlösungen

Weitere mögliche Umsatz-Quellen für DiGA (B2B-Kooperationen, Selbstzahlermodelle etc.) behandeln wir der Einfachheit halber nicht in diesem Artikel.

Beginnen wir mit dem DiGA-Preis: wie können Sie prognostizieren, was der DiGA-Preis für Ihr Indikationsgebiet sein wird?

1.2 Preis bzw. Vergütungsbetrag

Nach der vorläufigen Aufnahme einer DiGA gilt innerhalb des ersten Jahres ein vom Hersteller festgelegter Preis (in Ausnahmefällen verlängerbar auf 2 Jahre). Dieser Preis wird nach Ablauf des Erprobungszeitraums mit dauerhafter Aufnahme der DiGA neu verhandelt und erfahrungsgemäß stark verringert. Der anfängliche Hersteller-Preis ist daher für den langfristigen Erfolg einer DiGA irrelevant und im Rahmen dieser Kalkulation vernachlässigbar.

Der finale Preis bzw. der Vergütungsbetrag einer DiGA wird zwischen dem DiGA-Hersteller und dem GKV-Spitzenverband verhandelt.

Der durchschnittliche Vergütungsbetrag aller dauerhaft gelisteten DiGA beträgt aktuell 221 Euro. Wie in der folgenden Grafik sichtbar, weicht auch keine DiGA stark von diesem Durchschnittspreis ab. Der niedrigste Vergütungsbetrag liegt bei 189 € (Kalmeda) und der höchste Betrag bei 243 € (elevida).

Sie können also davon ausgehen, dass auch Ihre DiGA mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einem Betrag innerhalb dieser Spanne vergütet werden wird. Die wichtigsten Informationen zur DiGA-Preisverhandlung mit dem GKV-Spitzenverband finden Sie in diesem Blogbeitrag.

Wichtig ist hierbei auch zu erwähnen, dass der Preis Ihrer DiGA bestimmte Höchstbeträge (mit wenigen Ausnahmen) nicht überschreiten darf: Höchstbeträge und Schwellenwerte.

Grafik zeigt das Verhältnis von Vergütungsbeträge dauerhaft gelisteter DiGA vs. ursprüngliche Herstellerpreise

Verhältnis: Vergütungsbeträge dauerhaft gelisteter DiGA vs. ursprüngliche Herstellerpreise
Quelle: Daten des GKV-Spitzenverbandes gem. § 33a Abs. 6 SGB V; Stand 30.09.2023

QuickBird Medical – Empfehlung
Wir empfehlen eher konservativ zu rechnen, um später keine böse Überraschung zu haben, wenn der Best-Case Ihrer Kalkulation doch nicht eintritt. Kalkulieren Sie Ihren Case mal mit 200 Euro, um zu sehen, ob sich Ihr Vorhaben auch mit diesem Preis lohnen würde.

1.3 Anzahl der Freischaltcode-Einlösungen

Um die zukünftige Anzahl an Verschreibungen bzw. Nutzern einer DiGA abschätzen zu können, lohnt es sich, einen genaueren Blick auf die Prävalenz (Anteil der erkrankten Personen an der Gesamtpopulation) einer bestimmten Indikation zu werfen. Wenn wir in diesem Beitrag von “Prävalenz” sprechen, beziehen wir uns immer auf die “12-Monatsprävalenz”.

Die Prävalenz kann aus epidemiologischen Datenbanken oder Gesundheitsberichten wie dem Robert Koch-Institut oder Statistiken des Bundesgesundheitsministeriums gewonnen werden. Eine Google-Recherche ist hierfür ein guter Startpunkt.

Sobald Sie die Prävalenz(-Rate) bestimmt haben, multiplizieren Sie diese mit der Anzahl Gesetzlichversicherten in Deutschland. Wenn Sie dies mit dem prognostizierten Preis multiplizieren (siehe oben) erhalten Sie einen groben Schätzwert für das Marktpotenzial Ihrer DiGA.

Maximale-Freischaltcode-Einlösungen = Prävalenz-Rate x Anzahl-Gesetzlichversicherter


Vereinfachtes Beispiel für den Adipositas-DiGA-Gesamtmarkt
(exklusive Folgeverordnungen)

2022 lag die Prävalenz von Adipositas in Deutschland bei 19 %. Bei aktuell ca. 74 Millionen Versicherten ergibt sich Folgendes:

Maximale-Freischaltcode-Einlösungen = 0,19 x 74.000.000 = 14.060.000
(= ca. 14 Millionen Code-Einlösungen pro Jahr)


Weiter unten im Artikel gehen wir außerdem noch auf den Einfluss von Folgeverordnungen auf den Gesamtmarkt ein.

1.4 Marktdurchdringungsrate

Bisher haben wir das maximale Umsatzpotenzial einer DiGA berechnet. Es ist jedoch nicht realistisch, dass Sie jeden einzelnen Patienten in Deutschland mit Ihrer DiGA erreichen werden. Im nächsten Schritt sollten Sie daher noch die Marktdurchdringungsrate abschätzen. Das ist der Prozentsatz der Patienten, die sie planen auch realistisch gesehen zu erreichen.

Für die Abschätzung der Marktdurchdringungsrate müssen Sie eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigen: haben Sie bereits Zugang zur Patientengruppe oder den Behandlern? Wenn ja, wie viele Personen können Sie so erreichen? Wie technisch affin ist Ihre Zielgruppe und wer benützt auch wirklich ein Smartphone? Wie stark ist die Konkurrenz anderer DiGA-Lösungen? Wie oft werden gelistete DiGA in diesem Bereich aktuell verschrieben? usw.

Da die Marktdurchdringungsrate sehr individuell für jedes Unternehmen berechnet werden muss, können wir Ihnen hier keinen allgemeingültigen Richtwert an die Hand geben.


Beispiel auf Basis der Marktdurchdringungsrate
Wenn Sie eine prognostizierte Marktdurchdringungsrate von 10 % schätzen, kommen Sie bei einem Gesamtmarkt von 14.060.000 möglichen Freischaltcode-Einlösungen (siehe vorheriges Beispiel) bei Adipositas auf:

Prognostizierte Freischaltcode-Einlösungen = 0,1 x 14.060.000= 1.406.000
(ca. 1,4 Millionen Code-Einlösungen pro Jahr)


Das Beispiel veranschaulicht, wie die Kalkulation in der Praxis aussehen könnte.

QuickBird Medical – Empfehlung
Sehen Sie sich die Verschreibungszahlen anderer DiGA in den aktuellen DiGA -Berichten an, um ein Gefühl zu bekommen, wie oft DiGA in der Praxis aktuell wirklich verschrieben werden. In der folgenden Abbildung finden Sie eine Übersicht aus dem Jahre 2023.

Grafik zeigt die Verordnungen für DiGA mit mehr als 5 Tsd. Verordnungen

Verordnungen für DiGA mit mehr als 5 Tsd. Verordnungen
Quelle: Daten des GKV-Spitzenverbandes gem. § 33a Abs. 6 SGB V – Stand 30.09.2023

1.5 Folgeverordnungen von DiGA

Es ist relevant auch einmal auf den Unterschied zwischen Erstverordnungen und Folgeverordnungen einzugehen, um dessen Bedeutung für die Kalkulation richtig einzuordnen.

Von einer Erstverordnung sprechen wir, wenn die DiGA zum ersten Mal verschrieben bzw. eingelöst wird. Eine Folgeverordnung kommt dann infrage, wenn mit der Erstverordnung das anvisierte Therapieziel nicht erreicht wurde. In diesem Fall können manche DiGA wiederholt verschrieben werden (falls es sich nicht um eine sogenannte Einmallizenz handelt).

Besonders wichtig ist es hierbei zu verstehen, dass 83 Prozent aller eingelösten Verordnungen zu den Erstverordnungen einer DiGA zählen. Demnach ergibt sich ein Großteil des DiGA-Umsatzes aus Erstverordnungen. Bei DiGA mit Einmallizenz ist eine Folgeverordnung sogar gänzlich ausgeschlossen.

Grafik zeigt die Folgeverordnungen je DiGA

Folgeverordnungen je DiGA
Quelle: Daten des GKV-Spitzenverbandes gem. § 33a Abs. 6 SGB V; Stand 30.09.2023

Bei der Prognosse Ihres DiGA-Umsatzes können Sie Folgeverordnungen in die prognostizierten Zahlen auf Basis der Krankheitsprävalenz einkalkulieren.


Vereinfachtes Beispiel für den Adipositas-DiGA-Gesamtmarkt
(inklusive Folgeverordnungen)

2022 lag die Prävalenz von Adipositas in Deutschland bei 19%. Bei aktuell ca. 74 Millionen Versicherten und eine Folgeverordnungsquote von 34% der DiGA “Zanadio” ergibt sich:

Maximale-Freischaltcode-Einlösungen = 0,19 * 74.000.000 * 1,34 = 18.840.400
(= ca. 19 Millionen Code-Einlösungen pro Jahr)


1.6 Beispiel: Prognose des DiGA-Umsatzes für Adipositas

Wichtige Aspekte der Umsatzprognose für DiGA haben wir in den vorherigen Kapiteln erklärt. Nun gehen wir die Formeln in einem Beispiel-Case im Adipositas-Bereich mit Ihnen durch.

Wichtig ist hierbei zu betonen, dass dieses Beispiel nur der Verständlichkeit dient. Kennzahlen wie die Marktdurchdringungsrate müssen individuell im Kontext Ihres Unternehmens kalkuliert werden.

Wir gehen von folgenden Kennzahlen für eine Adipositas-DiGA in Deutschland aus:

Anzahl der gesetzlich Versicherten: 74 Millionen
Prävalenz von Adipositas: 19 %
Prognostizierte Folgeverordnungsquote von Adipositas: 34 %
Prognostizierter DiGA-Vergütungsbetrag: 200 €
Beispielhaft geschätzte Marktdurchdringungsrate: 10 %

Somit ergeben sich folgende Kennzahlen für das Unternehmen:

Marktpotenzial bzw. TAM (Total Addressable Market)
= 74 Millionen x 0,19 x 1,34 x 200 € = 3.768.080.000 €
(3,7 Milliarden Euro)

Realistisch adressierbarer Markt bzw. Serviceable Obtainable Market (SOM)
= 74 Millionen x 0,19 x 1,34 x 200 € x 0,1 = 376.808.000 €
(376 Millionen Euro)

Dies ist eine vereinfachte Kalkulation für den gesamten Adipositas-DiGA Markt. Als DiGA-Unternehmen wird man sich meist auf spezifische ICD-Codes im Zielmarkt konzentrieren und die Rechnung kann so niedriger für die Unterauswahl der Indikationen ausfallen.

Beispiel-Rechnung für den Umsatz (Zanadio)

Wenn man sich im Adipositas-Bereich mit Zanadio ein Beispiel aus der Praxis aussieht, fallen die Umsätze zum aktuellen Zeitpunkt natürlich noch deutlich unter den beispielhaft kalkulierten, adressierbaren Markt:

Eingelöste Freischaltcodes im Zeitraum für Zanadio: 56.000
(56 Tsd – Daten des GKV-Spitzenverbandes gem. § 33a Abs. 6 SGB V; Stand 30.09.2023)

Vergütungsbetrag für Zanadio: 218,00 €

Mit diesen Werten kommt man auf diesen geschätzten Gesamtumsatz:
Umsatz = 56.000 x 218 € = 12.208.000 €
(etwa 12 Millionen Euro)

Da Zanadio zu Beginn auf Erprobung in das DiGA-Verzeichnis aufgenommen wurde, wird der reale Umsatz etwas höher liegen. Vor Verhandlung des finalen Vergütungsbetrags wurde ein Herstellerpreis von 499,80 € abgerufen. Die Kalkulation soll hier nur der Veranschaulichung dienen.

2. Kosten für die Entwicklung und Vermarktung einer DiGA

Nachdem wir nun berechnet haben, was eine DiGA maximal an Ertrag erwirtschaften kann, interessiert uns im nächsten Schritt natürlich, wie hoch die Kosten für die Entwicklung einer DiGA sind.

Die Entwicklung einer DiGA ist ein komplexer Prozess. Die Kosten können stark variieren und hängen von mehreren Faktoren ab. Um Ihnen einen besseren Überblick zu geben, listen wir in unserem kostenlosen Planungstool zur Finanzierung Ihrer DiGA alle Punkte auf, die bei der Kalkulation besonders ins Gewicht fallen.

3. Download: Excel-Planner zur Prognose von Umsatz & Kosten Ihrer DiGA

Mit unserem Excel-Planner kalkulieren Sie in wenigen Minuten den möglichen Umsatz und die Kosten Ihrer digitalen Gesundheitsanwendung.

Hinterlassen Sie hier Ihre E-Mail-Adresse und wir schicken Ihnen den Excel-Planner zu.

4. Fazit

Dieser Artikel hat Ihnen hoffentlich geholfen zu verstehen, wie Sie das Potenzial Ihrer DiGA-Idee abschätzen können.

Wichtig ist hierbei natürlich zu verstehen, dass wir nur auf eine Unterauswahl wichtiger Kennzahlen für die Evaluation eines DiGA-Business-Cases eingegangen sind. Es gibt eine Vielzahl an Kennzahlen, die zur Evaluation von Produkt-Ideen und Unternehmen herangezogen werden können. Zur Ihnen einen Überblick zu verschaffen haben wir uns erstmal auf die finanziellen Aspekte fokussiert, die am Anfang wohl am wichtigsten sind.

Außerdem relevant ist die Tatsache, dass die meisten Unternehmen einen Multi-DiGA-Ansatz planen und auf Basis der ersten DiGA weitere Indikationsgebiete angehen. Der Umsatz aller Indikationsgebiete sollte in diesem Fall aufsummiert werden.

Lohnt sich Entwicklung einer DiGA also schlussendlich? Wie sich über den DiGA-Excel-Planner leicht berechnen lässt, hängt dies stark von der Zielindikation Ihrer DiGA ab. Für Krankheiten mit einer hohen Prävalenz und z.B. einer digital-affinen Zielgruppe können perspektivisch beachtliche Umsätze generiert werden. Das hängt aber am Ende natürlich auch stark davon ab, ob das Marketing & der Vertrieb der gelisteten DiGA richtig geplant und ausgeführt wird (mehr dazu in unserem DiGA Marketing & Vertrieb-Leitfaden).


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